Expertenbesuch zum Thema „Sterben und Tod“

Expertenbesuch zum Thema „Sterben und Tod“

Im Rahmen der Unterrichtsreihe „Wie kann man mit Leiderfahrungen umgehen? Antwortversuche in der jüdischen und christlichen Tradition“ hatten Schüler*innen der Religionskurse der Jahrgangsstufe 9 am Graf-Adolf-Gymnasium das Privileg, einen ganz besonderen Expertenbesuch zu erleben. Frau Dr. med. Jünger, Fachärztin für Anästhesiologie am Klinikum Rheine, bot den Jugendlichen einen aufschlussreichen Einblick in die Arbeit auf einer Intensiv- und Palliativstation und nahm sie mit auf eine Reise durch einen oft tabuisierten aber unvermeidbaren Teil des Lebens: den Tod.
In einer Zeit, in welcher der Tod in vielen gesellschaftlichen Kontexten zunehmend verdrängt wird, war dieser Besuch eine bedeutsame Gelegenheit, sich mit dem Thema auf eine ganz andere Weise auseinanderzusetzen. Frau Dr. med. Jünger sprach nicht nur über die medizinischen und emotionalen Herausforderungen ihres Berufes, sondern stellte auch die menschliche Seite dieser Arbeit in den Mittelpunkt – den persönlichen Umgang mit den Patient*innen, die in ihrer letzten Lebensphase begleitet werden sowie die unzähligen Geschichten von Hoffnung, Trauer und Mitgefühl, die in den Krankenhäusern jeden Tag geschrieben werden.
Ein Element ihres Vortrags war die Präsentation zweier Filme, die den jeweiligen Arbeitsalltag auf einer Intensivstation und einer Palliativstation dokumentieren. Während der Film auf der Intensivstation die hektische und hochtechnisierte Medizin der modernen Intensivpflege zeigte, gab der Film über die Palliativstation den Schüler*innen einen emotionaleren Einblick in die einfühlsame Betreuung von Patient*innen am Lebensende. Beide Filme regten zu intensiven Reflexionen über die eigenen Vorstellungen und Ängste an.
Die Jugendlichen hatten nicht nur die Möglichkeit, Fragen zu stellen, sondern erlebten auch, wie der Besuch von Frau Dr. med. Jünger ihre eigene Sichtweise auf den Tod herausforderte und erweiterte. Ein zentraler Moment des Besuches war dabei eine von ihr vorgetragene Erzählung, die metaphorisch den Übergang vom Leben zum Tod beschreibt – ohne dabei den Tod selbst als Ende darzustellen, sondern als einen Teil eines größeren, unvorhersehbaren Prozesses. Die Geschichte, die von den Fragen und Hoffnungen zweier ungeborener Zwillinge handelt, verdeutlicht auf eindrucksvolle Weise, dass der Tod nicht das endgültige Ende ist, sondern vielmehr ein Übergang in eine neue Form des Daseins. Sie weckt die Vorstellung, dass wir inmitten des Lebens immer auch von einer „Mutter“ getragen sind – einer Kraft, manche von uns würden sagen „Gott“, der uns auch über den Tod hinaus begleitet.
Diese Perspektive, die in einer Nachbereitungsphase mit Religionslehrer Christoph Willemsen vertieft wurde, bot nicht nur Trost, sondern auch eine neue Sichtweise auf das, was nach dem Tod kommt – und wie wichtig es ist, sich schon zu Lebzeiten mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Es zeigte sich, wie wertvoll es ist, den Tod als Teil des Lebens zu begreifen und nicht als etwas, das nur in den Hintergrund gedrängt werden darf. Der Besuch ermöglichte den Jugendlichen, ihre eigenen Ängste und Vorstellungen zu hinterfragen und eine neue Haltung zu entwickeln, die von Achtsamkeit und Empathie geprägt ist.
(Ws)