Gnadenlos gut: „Hexenjagd“ feiert Premiere

Gnadenlos gut: „Hexenjagd“ feiert Premiere

Arthur Miller brachte sein Drama „Hexenjagd“ im Jahr 1953 auf die Bühne, und seither gilt es als eine klassische Parabel für moderne Formen der Jagd auf Menschen, die soziale oder religiöse Normen in Frage stellen.

Das Stück ist in diesem Schuljahr am Graf-Adolf-Gymnasium in bestechender Form vom Literaturkurs der Q1 der stellvertretenden Schulleiterin Kerstin Plikat-Schlingmann einstudiert worden. Die Premiere am Donnerstagabend begeisterte das Publikum so stark, dass es stehende Ovationen und leidenschaftliche Bravo-Rufe gab. Nicht nur die hervorragenden schauspielerischen Leistungen der Sechzehn- und Siebzehnjährigen, sondern auch die Wirkungen einer außerordentlich sorgfältigen Kostümausstattung, eines beeindruckenden Bühnenbilds und toller Licht- und Soundeffekte stechen in dieser Inszenierung hervor.

Der Stoff basiert auf historischen Ereignissen, den Hexenprozessen in der puritanischen Gemeinde Salem im US-Staat Massachusetts im Jahr 1692. Arthur Miller fühlte sich durch die Kommunistenjagd der US-McCarthy-Ära zu seiner Parallelisierung mit frühneuzeitlichen Hexenjagden inspiriert: Ein literarisches Angebot zur Aufspürung von Gründen für soziale Demütigung mitunter oder sogar Tötung Andersdenkender innerhalb sehr enger moralischer, religiöser oder politischer Wertegrenzen.

Auf der Tecklenburger Bühne entsteht die glasklare Vorstellung der Gedankenwelt und der Ängste im historischen Salem. Die Handlung entspringt, als junge Mädchen nachts im Wald von Pastor Samuel Parris beim Tanzen überrascht werden. Dies ist etwas Verbotenes in dem Dorf, das mit sehr strengen religiösen Grundsätzen lebt. Scham und Angst der Mädchen vor dem Verlust ihrer Ehre bewirken irrationales Verhalten. Sehr überzeugend wird in Tecklenburg das Handlungsmuster der Mädchen inszeniert, die in ihrer Verzweiflung über die Aufdeckung ihrer nächtlichen Aktivitäten intuitiv darauf verfallen, sich geistig verwirrt zu zeigen, sei es in tagelanger Ohnmacht, in verwirrtem Umherschreiten oder in einer Unfähigkeit zum Essen oder Schlafen. Die besorgten Eltern deuten dies als Besessenheit vom Teufel, der irgendwo in Salem zu suchen ist und sich bald in der vielfachen Mutter und Hebamme Rebecca Nurse und dem selbstbewussten Ehepaar Proctor findet. Eine Ex-Beziehung Proctors mit dem sehr verliebten und willensstarken Mädchen Abigail Williams kommt hinzu.

Die Situation Proctors und seiner Ehefrau Elisabeth verdichtet sich auf der Tecklenburger Bühne sehr eindringlich, ebenso wie die naive Gnadenlosigkeit der Ankläger und Richter. Besorgte und ratlose Eltern, Anne Putnam und Ortspastor Hale,  interpretieren den Teufel in das Geschehen hinein und wollen ihn entdeckt und zur Strecke gebracht sehen. Dies wird staatlichen Vertretern überlassen, die unter dem Druck der Öffentlichkeit die Ordnung wiederherstellen sollen, die nach Bestrafung derjenigen verlangt, die nicht bekennen oder abschwören wollen. Dies wird in Tecklenburg sehr überzeugend durch Reverend Hale, Gerichtsdiener Willard und Gouverneur Danforth in Szene gesetzt.

Die durch Angst geprägte Stimmung wird auf der Bühne spürbar – eine Angst vor Bezichtigung, Verfolgung, sozialer Ächtung und Verurteilung, die vom Publikum fasziniert aber auch angstvoll mitempfunden wird. In der Premiere verfolgte ein in sich geschlossenes Publikum gebannt das Bühnengeschehen und sah, wie das Drama zu einem schlüssigen und trotz aller Tragik hoffnungsvollen Ende gelangt.

Die zweite Aufführung findet am Mittwochabend, wieder ab 19.00 Uhr, in der Aula des Graf-Adolf-Gymnasiums statt. Diese überzeugende, aufwändig inszenierte und rundherum toll gespielte Inszenierung würde aber auf jeden Fall noch eine dritte Aufführung rechtfertigen, denn es ist einmal wieder richtig großes Theater, das hier ein Schulensemble auf die Bühne bringt – mit einem wichtigen und zeitlosen Thema!

Zweite Aufführung: Mittwoch, 4. Juli 2018, 19.00 Uhr, Aula des GAG

(Hö)