Geschichte des GAG

Das GAG aus historischer Perspektive

Die Wurzeln unserer Schule liegen bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in der Tecklenburger Latein- und späteren Rektoratsschule, wobei historisch unklar ist, ob deren Gründung unter dem 1562 bis 1606 regierenden Grafen Arnold oder unter der Regentschaft seines Sohnes Adolf (1606 -1623) erfolgte. 1920 feierte man das 300-jährige Bestehen der Rektoratsschule mit damals vier Lehrern und 56 Schülern. Ende des 19. Jahrhunderts gab es Überlegungen innerhalb des preußischen Kultusministeriums zu einer Schulreform, die auch eine Einrichtung von „Deutschen Oberschulen bzw. Aufbauschulen“ vorsah, einer Schulform, die höhere Bildung nun auch in ländlichen Regionen staatlich fester verankern sollte.

In unserer Region fiel die Ortswahl für eine dieser Aufbauschulen auf Tecklenburg. Dies hing mit dem Bestehen der Rektoratsschule und einer “Präparanden-Anstalt” für die Lehrerausbildung zusammen. Außerdem war es aber auch die “landschaftlich hervorragende Lage auf den Höhen des Teutoburger Waldes” und das “Fehlens jeglicher Industrieanlagen …”, die Tecklenburg “in gesundheitlicher und sittlicher Hinsicht” als “besonders geeignet für die Errichtung einer Bildungsanstalt” erscheinen ließen.

Gegründet wurde die “Graf-Adolf-Aufbauschule” jedoch erst 1923 im Rahmen einer allgemeinen Bildungsreform der Weimarer Republik. Diese Schulform gab Mädchen und Jungen der ländlichen geprägten Region nun die Möglichkeit, nach besonders erfolgreichem Abschluss der Volksschule innerhalb von vier weiteren Schuljahren das Abitur zu machen. Bis 1975 pflegte das GAG erfolgreich den Aufbauzweig. Parallel besaß es jedoch bereits seit 1949 auch den Status eines grundständigen Gymnasiums, das auch Schülerinnen und Schüler von der 5.Jahrgangsstufe an zur Hochschulreife führte. Für die Oberstufe selbstverständlich ist seit den 60er Jahren aber auch eine spezielle Förderung von Schülerinnen und Schülern, die nach der Mittleren Reife und dem Qualifizierten Hauptschulabschluss zu uns kommen.

Dass das GAG, obwohl in der beschaulichen Kleinstadt Tecklenburg bereits früh auch eine Schule war, in der sich gymnasialer Bildungsauftrag und neuzeitliche Pädagogik verbanden, zeigte sich bereits 1978, als es eine der wenigen ersten Modellschulen / Pilotschulen in Nordrhein-Westfalen wurde, die das heute gängige Kurssystem der “Reformierten Oberstufe” einführte. Nach grundlegenden Strukturveränderungen in NRW (Zentralabitur und Schulzeitverkürzung) sehen wir uns als Schule mit ausgeprägtem Innovationsdenken unter Wahrung unserer pädagogischen und ethischen Zielsetzungen auf einem guten Weg in die Zukunft.

Wenn eine Schule einen Namenspatron hat, dann muss man sich fragen, ob das ein bloßer Schnörkel ist, geeignet, das Renommee ein bisschen aufzuputzen, oder ob irgendein Bezug zu dem Träger dieses Namens besteht. Wenn dieser Patron noch dazu einer fernen, längst untergegangenen Epoche angehört, besteht die Gefahr, dass die Heutigen gar nicht mehr wissen, was es mit ihm auf sich hatte, geschweige denn, warum die gegenwärtige Institution sich nach ihm nennt.
Was das Zweite angeht, so könnte man diejenigen fragen, die den Namen für die
Schule ausgesucht haben. Wenn man das im Falle des Tecklenburger Graf-Adolf-Gymnasiums tut, muss man feststellen, dass sie für ihre Wahl keine Gründe angegeben haben. Als der preußische Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung in einem Erlass vom 4. November 1925 verfügte:
“Ich genehmige, dass die Deutsche Oberschule in Aufbauform i.E. in Tecklenburg den Namen “Graf-Adolf-Schule” erhält,” entsprach er einem Antrag des Amtmanns der Ämter Tecklenburg, Brochterbeck, Ladbergen vom 15. Oktober 1925, den das Provinzialschulkollegium in Münster am 21. Oktober befürwortend weitergeleitet hatte:
“Es wird vorgeschlagen die Aufbauschule ‚Graf-Adolf-Schule‘ zu benennen.“
Graf Adolf von Tecklenburg regierte von 1606 bis 1623. Über ihn berichtet der Chronist: “Er stiftete die “Lateinische Schule” in Tecklenburg und Rheda und war eifrig beschäftigt mit Einrichtung des Kirchen- und Schulwesens. Er selbst hatte die hohen Schulen zu Herborn, Heidelberg und Uetrecht besucht, unternahm grosse Reisen ins Ausland, so daß sein weiter Blick ihn dazu treiben mochte Bildung und
Wissenschaft nach Möglichkeit auch seinen Untertanen zugänglich zu machen.” (1)

Graf-Adolf-Gymnasium – eine dreihundertjährige Tradition?

Die Situation des Jahres 1925 lässt vermuten, was zu dieser Namenswahl geführt hat. In dieser Zeit lief in Tecklenburg eine alte Schule aus, die bisher der Stolz der Stadt gewesen war und gerade erst 1920 ihr dreihundertjähriges Bestehen gefeiert hatte: Zu Ostern 1926 schloss mit ihrer letzten Klasse die Rektoratschule ihre Pforten. Dass man das Jubiläum im Jahre 1920 feierte, zeigt, dass man den Anfang der Schule in die Regierungszeit des Grafen Adolf legte (was nicht eindeutig zu beweisen ist). Der Antrag des Amtmanns, die seit 1923 eingerichteten Aufbauklassen, die sich im dritten Jahre ihres Bestehens zu einer “Deutschen Oberschule in Aufbauform i.E.” konsolidierten, nach dem Grafen Adolf zu benennen, wurde offenbar in der Absicht gestellt, die junge Einrichtung als geradlinige Fortsetzung der dreihundertjährigen Schultradition Tecklenburgs erscheinen zu lassen.

Wenn man bedenkt, dass die Aufbauschule für lange Zeit die einzige höhere Schule des Kreises bleiben sollte und damit für das umliegende Land die Nachfolge der aus der Grafenzeit stammenden Rektoratschule antrat, war diese Überlegung gar nicht einmal falsch – bei allen Unterschieden im Einzelnen. Für das heutige Graf-AdolfGymnasium bedeutet das, dass der zur Zeit des dreißigjährigen Krieges regierende Graf Adolf von Tecklenburg hierzulande als der Gründer ihrer Vorgängerin gilt, an deren Tradition die 1923 entstehende junge Schule nach dem Willen der damals Verantwortlichen bewusst anknüpfen sollte.

Bildungsreform im 16. Jahrhundert

Ob die Anfänge der Lateinschule in die Regierungszeit Adolfs fallen oder vielleicht schon in die seines Vaters Arnold (1528 – 1606), ist ungewiss. Es verdient Beachtung, dass in Tecklenburg seit 1587 ein zweiter Pfarrer bezeugt ist, was bei der Größe der Gemeinde nur so zu verstehen ist, dass mit dieser Stelle eine besondere Funktion verbunden war. (2) Dieser Mann, Wilhelm Snethlage hat vierzig Jahre lang, bis 1627, in Tecklenburg gewirkt und war der erste Rektor der Lateinschule; von ihm und dem Inhaber der ersten Pfarrstelle, Theodor Rump, ist bekannt, dass sie eine Bibliothek eingerichtet haben, angeblich schon seit 1585. All das zusammen deutet darauf hin, dass die Rektoratschule in Tecklenburg ihre Entstehung nicht einem genau datierbaren Gründungsakt verdankt, sondern in längerer Anlaufzeit allmählich gewachsen ist. Die Absicht, eine Schule einzurichten, ist dann schon dem Grafen Arnold zuzuschreiben; unter seinem Sohne Adolf kam die Entwicklung dann zum Abschluss, sodass der darüber gut informierte Chronist
Tecklenburgs, Gerhard Arnold Rumpius, 1672 zusammenfassen kann, Adolf habe
“Schulen nicht allein zu Tekelenburg und Rheda / sondern auch hin und her auf den
Dörfern gestiftet”. (3)

Wenn Graf Arnold 1588 in der Nähe seines ersten Grafensitzes Bentheim, in Schüttorf, eine Hohe Schule errichtet hatte, die er drei Jahre später der Kriegsläufe wegen in die Nachbarschaft seines zweiten Schlosses Steinfurt verlegte, dann hat Graf Adolf offensichtlich die Schulpolitik seines Vaters fortgesetzt, nämlich jeweils eine Schule bei der dritten und vierten Residenz des Grafenhauses, in Tecklenburg, und Rheda, eingerichtet. Ja, wenn es stimmt, dass er mit Schulgründungen auf die Dörfer gegangen ist, dann waren Adolfs pädagogische Bemühungen geradezu modern zu nennen: Er hätte dann hierzulande erste Dorfschulen eingerichtet, um die Begabungsreserven aus der Landbevölkerung zu erfassen, Die Tecklenburger Lateinschule war dabei wohl als Zubringer für die Hohe Schule in Burgsteinfurt gedacht; aus deren Stipendiatenlisten kennen wir die Namen mehrerer Söhne Tecklenburgs, die während Adolfs Regierungszeit mit einem gräflichen Stipendium versehen die Schule in Burgsteinfurt besuchten. (4)

Der Calvinist als Staatsmann

Dass Adolf ebenso wie sein Vater für die Schulbildung seiner Landeskinder einiges tat, hing einmal mit seinem protestantischen Bekenntniseifer zusammen; schon Arnold wollte seinen Herrschaftsbereich zum calvinistischen Bollwerk ausbauen, das der von Münster ausstrahlenden jesuitischen Gegenreformation trotzen sollte. Adolf ist ihm darin gefolgt. Außerdem hatte er selbst eine bemerkenswerte Schulbildung genossen. Der 1577 Geborene kam im Alter von neun Jahren 1586 auf die zwei Jahre zuvor gegründete Hohe Schule im hessischen Herborn; 1591, also vierzehnjährig, besuchte er die Universität Heidelberg. Vor 1597 studierte er noch vier Jahre lang in Utrecht. Rumpius rühmt seine französischen und italienischen Sprachkenntnisse und vermerkt, dass Adolfs Bi1Âdungsreise von l597 bis 1599 durch die Schweiz und Italien, Ungarn, Böhmen und Mähren, Frankreich und England geführt habe. Genf und Straßburg, die Hochburgen der Reformation, wurden dabei aufgesucht. Als Adolf neunundzwanzigjährig die Regierung der Grafschaft Tecklenburg und der Herrschaft über Rheda übernahm, war er ein gebildeter und we1tläufiger Mann, der den Wert einer guten Schule aus vielfältiger Erfahrung kannte.

Dass Adolf die Herrschaft in Tecklenburg und Rheda erbte, hatte sein Vater im Testament von 1591 verfügt. (5) Graf Arnold, der über ein umfangreiches Territorium aus vier Grafschaften und sechs Herrschaften gebot, bedachte in seinem Testament, seine sechs Söhne mit Herrschaftsrechten und Unterhaltsansprüchen und steuerte seine beiden – später drei – Töchter angemessen aus. Dem ältesten Sohn Eberwin Wyrich dachte er die Grafschaft Bentheim zu. Adolf als dem zweiten Tecklenburg und Rheda, dem dritten, Arnold Jobst, die Grafschaft Steinfurt und die Herrschaft Wevelinghoven; die drei jüngeren Söhne sollten jeweils bei einem der älteren Brüder Unterkunft und standesgemäße Ausstattung finden. Allerdings hat der frühe Tod des Ältesten 1595 dazu genötigt, diese Regelung zu ändern; es hätte sein können, dass Adolf nachgerückt wäre und dann die Grafschaft Bentheim geerbt hätte. Das ist nicht eingetreten; vielmehr ist Adolf bei der Erbteilung nach 1606 der Begründer der Linie Bentheim-TecklenburgRheda geworden, die heute noch blüht.

Familien-Schicksal

Im selben Jahre 1606, in dem sein Vater starb und Adolf regierender Graf wurde, hat er am 26. November die Gräfin Margarete von Nassau geheiratet; der Ehe entstammten vier Söhne und vier Töchter. Der jüngste Sohn Christian Adolf starb bald nach der Geburt (1617 – 1618); der älteste, der 1608 geborene Arnold, starb am 8. Juni 1623 noch vor dem Vater. Der dritte, Friedrich Ludwig (1616 – 1643), wurde Domherr in Bremen; Adolfs Nachfolger in der Grafschaft wurde sein zweiter Sohn Mauritz, der seinen Namen, wie Rumpius betont, nach dem Prinzen Mauritz von Oranien und dem Landgrafen Moritz von Hessen erhalten hatte. Auch von den Töchtern starben zwei vor dem Vater, die älteste, Magdalena Maria, am 28. Mai 1623, sodass dem Grafen in seinem letzten Lebensjahr in seiner Familie schweres Leid zugemessen war. Dass der 1618 ausbrechende Krieg sich von Böhmen nach Westdeutschland herüberzog und die Kämpfe in den Niederlanden wieder aufflammen ließ, musste den Landesherren einer reformierten Grafschaft mit manchen Sorgen belasten.

Der Politiker

Aus Adolfs Regierungstätigkeit erwähnt der Theologe Rumpius besonders die Ordnung der kirchlichen Angelegenheiten, aber auch, dass der Graf “das Hoff- und Ehegericht neben anderen Gerichten zu Tekelenburg Ao. 1613 mit tüchtigen Persohnen bestellet” habe. (6) Von der Wirtschaftspolitik Adolfs wissen wir durch Kennepohl (7), dass er entschiedener als sein Vater und dessen Mutter, die Gräfin Anna (1562 – 1582), zu eigener Münzprägung überging und 1618 in Freudenberg, einem an Tecklenburg gefallenen Amt der Grafschaft Hoya, eine Münzstätte eröffnete. Auf die Einsprüche des niederrheinisch-westfälischen Reichskreises reagierte er nicht, sondern ließ bis zu seinem Tode ruhig weiterprägen, sodass aus seiner Zeit eine ganze Reihe Prägungen erhalten ist.

Das einzige bekannte Bildnis des Grafen Adolf auf dem Taler von 1618 / 19
Auf einer dieser Münzen, einem undatierten Taler, ist das einzige bekannte Brustbild Adolfs erhalten; da die Rückseite den kaiserlichen Doppeladler zeigt und in der Umschrift den Namen des am 20. März 1619 gestorbenen Kaisers Matthias nennt, gehört dieser Taler zu den frühen Prägungen Adolfs. Seine übrigen Münzen tragen alle das gräfliche Wappen, auffälligerweise stets ohne die Kugeln Bentheims: Sie beginnen entweder mit den Tecklenburger Seeblättern oder zeigen allein sie (oder auch den Anker Lingens oder den Löwen Rhedas). Nach Auskunft der Münzheraldik wusste sich Adolf als Graf von Tecklenburg und Herr von Rheda, nicht mehr nur als Spross des Hauses Bentheim, Er hat das ihm von seinem Vater zugedachte Erbe bewusst übernommen, nach besten Kräften verwaltet und in Arnolds Sinne weitergeführt. Er starb sechsundvierzigjährig am 11. November 1623, bevor seine Grafschaft von den Wirren des dreißigjährigen Krieges in
Mitleidenschaft gezogen wurde. Es war nicht seine Schuld, wenn sein Sohn Mauritz eine schwere Hinterlassenschaft übernahm.

von Dr. Helmut Naumann (†), ehemaliger Lehrer am GAG

Anmerkungen:
(1) Provinzialschulkollegium Münster (heute: Schulkolleg beim
Regierungspräsidenten in Münster): Akten 202. – Das Zitat aus dem nicht genannten “Chronisten” geht letztlich zurück auf das Werk von Gerhard Arnold Rumpius, “Des Heil. Röm. Reichs uhralte hochlöbliche Graffschafft Tekelenburg”, Bremen 1672, S.
123.
(2) Friedrich E. Hunsche. Die Pfarrer der Kirchengemeinde Tecklenborg, in: TECKLENHURG. Kirche – Gemeinde – Stadt in Vergangenheit und Gegenwart, Tecklenburg 1966, S. 107 – 125, dort S. l08 und 118.
(3) Rumpius a.a.0. S. 123.
(4) Heinrich Voort, Stipendiaten des Steinfurter Gymnasiums ArnoldiÂnum 1592 – 1653, in: Jahrbuch 1979 des Heimatvereins der Grafschaft Bentheim (Das Bentheimer Land, Band 93), S. 39 – 43.
(5) Peter Veddeler, Das Testament des Grafen Arnold von Bentheim vom Jahre 1591, in: Jahrbuch des Heimatvereins der Grafschaft Bentheim 1973 (Das Bentheimer Land, Band 76), S. 71 – 88, dort S. 79.
(6) Rumpius a.a.0. S, 123.
(7) Karl Kennepohl, Die Münzen der Grafschaften Bentheim und Tecklenburg sowie der Herrschaft Rheda, Frankfurt am Main 1927, S. 29 50.

Sie können hier die anlässlich des 90-jährigen Bestehens der Schule von Dr. Monika Höhl erstelle chronologische Übersicht herunterladen.